Die Progressive Muskelentspannung (PME)
- Mental- und Entspannungstraining Daniel Blank
- 27. Aug. 2023
- 8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. Juni
Begründer dieser Entspannungsmethode ist der Physiologe Edmund Jacobson, der PME im Jahr 1929 entwickelte. Es handelt sich um eine einfache, leicht erlernbare Übung, deren Wirksamkeit durch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt ist. Die Methode hat sich seit Jahrzehnten im therapeutischen Alltag bewährt und ist auch für die Selbstanwendung gut geeignet.
PME ist eine Methode zur Reduktion von Stress, Angst und körperlicher Anspannung. Durch das bewusste Anspannen und anschließende Entspannen verschiedener Muskelgruppen erreichst du einen Zustand tiefer körperlicher und geistiger Ruhe. Die Vorteile reichen von der Beruhigung des Geistes über die Verbesserung des Schlafes bis zur Linderung von Schmerzen und Förderung emotionaler Ausgeglichenheit.
Die Übung dauert nur wenige Minuten und kann gut in den Alltag integriert werden. Regelmäßige Anwendung führt zu langfristigen positiven Effekten auf die körperliche und psychische Gesundheit.
In der Ursprungsversion bestand PME aus der Arbeit mit 30 Muskelgruppen. Im Rahmen der Weiterentwicklung wurde sie auf kompaktere Versionen mit vier bis 16 Muskelgruppen reduziert.
Wie funktioniert PME?
Durch die willentliche Anspannung einer Muskelgruppe und anschließende Entspannung wird diese Muskelgruppe effektiv gelockert. Dieses systematische Vorgehen führt dazu, dass sich die Entspannung im Körper von einer Muskelgruppe zur nächsten überträgt. Dabei wird das vegetative Nervensystem – insbesondere der Parasympathikus – aktiviert, der für Ruhe, Regeneration und Entspannung zuständig ist. Die Herzfrequenz sinkt, der Muskeltonus nimmt ab, und der gesamte Organismus kann loslassen.
"Ein entspannter Körper führt zu einem entspannten Geist."
Zahlreiche Studien belegen, dass muskuläre Anspannungen häufig die Folge psychischer Belastungen sind – etwa bei Stress, innerer Unruhe oder Ängsten. Dies kann zu einer Vielzahl gesundheitlicher Beschwerden führen.
Bei der PME lernst du, dich durch gezielte Muskelentspannung auch innerlich zu beruhigen. Dein Körper gewöhnt sich daran, Anspannung mit Entspannung zu beantworten. Auf Dauer wirst du gelassener – selbst in belastenden Situationen. Zusätzlich wird deine Körperwahrnehmung geschärft, sodass du frühzeitig auf erste Spannungen reagieren kannst.
Auch auf der psychologischen Ebene zeigt PME Wirkung: Die Konzentration auf körperliche Empfindungen lenkt den Fokus vom Gedankenkarussell ab und reduziert das sogenannte Mind-Wandering – also das unkontrollierte Abschweifen der Gedanken. PME kann so helfen, Grübelprozesse und Ängste zu mindern.
Für wen ist PME nicht geeignet?
Bei bestimmten gesundheitlichen Einschränkungen sollte PME nur nach ärztlicher Rücksprache durchgeführt werden:
Akute Psychosen
Neuromuskuläre Erkrankungen (z. B. Myopathien, Muskelkrämpfe)
Epilepsie oder andere neurologische Störungen
Schwere Traumafolgestörungen (nur unter therapeutischer Anleitung)
Nutzen der PME
Die PME findet breite Anwendung in der klinischen Psychologie, der Verhaltenstherapie und der Schmerztherapie. Besonders effektiv ist sie bei:
Angststörungen
Bluthochdruck (arterielle Hypertonie)
Kopfschmerzen und Migräne
Chronischen Rücken- und Muskelschmerzen
Schlafstörungen
Stressbedingten Beschwerden
Psychosomatischen Erkrankungen
Physiologisch erklärt: Anhaltende Muskelanspannung führt zu einer schlechteren Durchblutung der Muskulatur. Das bedeutet: Weniger Sauerstoff und Nährstoffe, mehr Schmerzsignale. PME unterbricht diesen Teufelskreis.
Psychologisch erklärt: Die Methode stärkt die Selbstwirksamkeit, verbessert die Achtsamkeit und trainiert die Fähigkeit, frühzeitig Warnsignale des Körpers wahrzunehmen.
Belegt durch Studien: Forschungen (z. B. Conrad et al., 2007; Dolbier & Rush, 2012) zeigen signifikante Verbesserungen in Bereichen wie Stress, Anspannung und Schlafqualität bei regelmäßiger Anwendung von PME.
Zusammenfassung der möglichen Effekte
Reduktion psychischer Anspannung
Verminderung von Angst
Auflösung muskulärer Blockaden
Linderung psychosomatischer Beschwerden (z. B. Nervosität, Kopfschmerzen)
Verbesserung der Körperwahrnehmung
Besserer Umgang mit Stress im Beruf
Verbesserter Schlaf
Ergänzung zu psychotherapeutischen Maßnahmen
Unterstützung bei Bluthochdruck und Rückenschmerzen
Ablauf einer Übung
PME kann im Sitzen oder Liegen durchgeführt werden. Schritt für Schritt arbeitest du dich durch verschiedene Muskelgruppen. Jede Muskelgruppe wird bewusst angespannt, die Spannung für ca. fünf bis zehn Sekunden gehalten und danach gelöst.
Wichtig: Die Aufmerksamkeit liegt ganz auf dem Unterschied zwischen Spannung und Entspannung. Ziel ist es, langfristig ein Gespür für muskuläre Anspannung zu entwickeln und frühzeitig gegenzusteuern.
Lasse dir die Übung vorlesen, oder wähle dir eine der vielen Anleitungen aus dem Internet aus. Hier ein Beispiel der Übung im Sitzen.
Setze oder lege dich entspannt hin, lockere alles, was dich beengt. Bei der Ausführung im Sitzen nimm eine möglichst bequeme Haltung ein. Lege die Hände auf die Oberschenkel, die Füße sind am Boden.
Schließe die Augen und lasse die Schultern möglichst locker.
Atme fest ein, halte die Luft fest und lasse sie wieder ausfließen.
Langform der PME
Konzentriere dich auf jeden Muskel deines Körpers. Versuche, jeden Muskel zu spüren und so gut wie möglich zu entspannen. Atme dabei ruhig und tief. Lasse die Zähne sich leicht voneinander lösen.
Entspanne dich jeweils auf dein eigenes Signal. Atme beim Anspannen ein und atme beim Entspannen aus.
Balle jetzt deine rechte Hand zur Faust. Halte die Spannung. Achte auf die Spannung in deiner Hand und deinem Unterarm.
Jetzt tief einatmen, die Spannung spüren – lasse nun auf das eigene Signal los und atme dabei tief aus. Lasse los, lasse Hand und Unterarm locker, ganz locker
Vielleicht hast du noch Gedanken, die dir durch den Kopf gehen. Versuche nicht, sie gewaltsam weg zu schieben. Lasse die Gedanken vorbeiziehen, schenke ihnen keine Beachtung. Konzentriere deine Aufmerksamkeit immer mehr auf das Entspannen der rechten Hand.
Wir wiederholen diese Übung mit der linken Hand. Schließe die linke Hand zur Faust und achte genau auf das Gefühl, das bei der Anspannung entsteht.
Jetzt tief einatmen, die Spannung spüren – lasse und nun auf das eigene Signal los und atme dabei tief aus. Spüre, wie angenehm es sein kann, wenn die Muskeln vom angespannten in den entspannten Zustand übergehen, wie du dich dabei zunehmend entspannst.
Spanne jetzt beide Hände und Unterarme an, jetzt wieder tief einatmen, die Spannung spüren – lasse und nun auf das eigene Signal los und atme dabei tief aus. Achte auf den Übergang von der Anspannung zur Entspannung.
Jetzt gehen wir zu den Ellenbogen. Balle die Fäuste, beuge die Ellenbogen, sodass du die Spannung in den Oberarmen spürst. jetzt tief einatmen, die Spannung spüren – auf das eigene Signal wieder entspannen und dabei tief ausatmen. Ruhig und tief atmen. Indem du die Muskeln lockerlässt, kannst du dich ganz entspannen.
Jetzt die Hände fest auf die Oberschenkel drücken, ganz fest, sodass die Oberarme hinten angespannt werden. Jetzt tief einatmen, die Spannung spüren – auf das eigene Signal wieder entspannen und dabei tief ausatmen. Atme ruhig und tief. lasse die Hände und Arme wieder locker und spüre dabei, wie du entspannter wirst. Atme jeweils beim Anspannen ein und atme beim Entspannen aus.
Jetzt arbeiten wir mit den Schultern weiter. Ziehe jetzt die Schultern soweit es geht nach hinten, drücke sie gegen die Unterlage. Jetzt tief einatmen, die Spannung spüren – und nun auf das eigene Signal loslassen und dabei tief ausatmen. Atme ruhig und tief.
Ziehe jetzt die Schultern nach vorne, soweit nach vorne wie es geht, jetzt tief einatmen, die Spannung spüren – und nun auf das eigene Signal loslassen und dabei tief ausatmen.
Gehe nun ganz ruhig mit deinen Gedanken durch die beiden Arme, von den Schultern bis zu den Fingerspitzen. Stelle nach, lockere sie, wenn sich wieder etwas verspannt hat. lasse alles fallen.
Jetzt gehen wir zu den Beinen. Ziehe jetzt die Fußspitzen hoch, während die Fersen am Boden bleiben, jetzt tief einatmen, die Spannung spüren – auf das eigene Signal wieder entspannen und dabei tief ausatmen.
Jetzt die Zehen nach unten einkrallen, als wolltest du einen Bleistift festhalten, jetzt tief einatmen, die Spannung spüren – auf das eigene Signal wieder entspannen und dabei tief ausatmen. lasse den Körper ganz locker. Entspanne die Füße und Beine bis sie ganz entspannt sind.
Wir kommen jetzt zum Rücken. Spanne jetzt den Rücken an, indem du die Schulterblätter nach hinten zur Wirbelsäule hin zusammenziehst. Jetzt tief einatmen, die Spannung spüren – und nun auf das eigene Signal loslassen und dabei tief ausatmen. Halte keine Muskelfaser mehr gespannt, lockere alle Muskelfasern links und rechts von der Wirbelsäule, bis sie ganz entspannt sind.
Jetzt gehen wir zum Bauch. drücke den Bauch jetzt ganz weit nach außen, spanne die Bauchdecke, indem du den Bauch ganz weit nach außen wölbst, atme dabei tief ein, gib dir dein Entspannungssignal und lasse nun wieder los, achte wieder auf den Übergang von der Anspannung zur Entspannung.
Ziehe jetzt den Bauch ganz weit ein und atme dabei ganz tief aus, den Bauch ganz weit einziehen, gib dir dein Entspannungssignal und lasse nun wieder los. entspanne die Bauchmuskeln, Du wirst dabei immer lockerer und entspannter.
Wir gehen jetzt daran mit dem Kopf zu üben. Hebe jetzt den Kopf nach vorne auf die Brust, jetzt tief einatmen, die Spannung spüren – und nun auf das eigene Signal loslassen und dabei tief ausatmen.
Lege jetzt den Kopf auf die linke Schulter, lege ihn so weit nach links, wie es geht. Jetzt wieder tief einatmen, die Spannung spüren – und nun auf das eigene Signal loslassen und dabei tief ausatmen. Lege jetzt den Kopf auf die rechte Schulter, jetzt tief einatmen, die Spannung spüren – und nun auf das eigene Signal loslassen und dabei tief ausatmen. Spüre und genieße das angenehme Gefühl der Entspannung, das sich weiter und weiter ausdehnen kann.
Jetzt gehen wir zum Gesicht über. Beiße ganz leicht - ohne zu verkrampfen – die Zähne aufeinander, jetzt tief einatmen, die Spannung spüren – und nun auf das eigene Signal loslassen und dabei tief ausatmen.
Presse jetzt die Lippen aufeinander, ganz fest, jetzt tief einatmen, die Spannung spüren – und nun auf das eigene Signal loslassen und dabei tief ausatmen. entspanne den Mund, lasse ihn hängen. Nimm alle Kraft aus der Mundpartie weg.
Wir gehen jetzt zu den Augenbrauen. Ziehe die Augenbrauen nach oben, indem du die Stirn nach oben runzelst. Spanne die Stirn an, gehe mit deiner Wahrnehmung ganz in die Stirn, jetzt tief einatmen, die Spannung spüren – und nun auf das eigene Signal loslassen und dabei tief ausatmen. Versuche, die Stirn ganz glatt und locker werden zu lassen, eine glatte leere Fläche.
Kneife jetzt die Augen zusammen, als würdest du geblendet. Jetzt tief einatmen, die Spannung spüren – und nun auf das eigene Signal loslassen und dabei tief ausatmen. Spüre das angenehme Gefühl der Entspannung, das sich weiter und weiter ausdehnen kann.
Spüre, wie sich der Körper Muskelgruppe für Muskelgruppe mehr und mehr entspannt hat. Genieße dieses angenehme Gefühl. Du kannst die Entspannung vielleicht noch etwas vertiefen, indem du die verschiedenen Körperbereiche im Geist noch einmal durchwanderst.
Richte deine Aufmerksamkeit noch einmal zu den Füssen.Wie fühlt es sich hier an?Weiter zu den Unterschenkeln...Wie ist es in den Oberschenkeln?die Gesäßmuskeln...
Wie fühlt es sich im Bereich der Bauchmuskeln an?Weiter zum Rücken ... .Wie ist es im Bereich der Schultern?Wie fühlt sich der Nacken an?Wie ist es im Gesicht?Im Bereich der Stirn, ... der Kiefermuskeln?Wie fühlen sich die Arme an?Und die Hände: Wie fühlt es sich hier an?
Erlaube, dass sich die Entspannung mehr und mehr ausdehnt und sich immer weiter vertieft.Atme tief durch die Nase ein und ganz langsam durch den Mund wieder aus.
Rücknahme
Stelle dich jetzt darauf ein, die Übungen zu beenden. Wir werden dabei in vier Schritten vorgehen:
1. Bewege im ersten Schritt jetzt die Hände.
2. Bewege jetzt im zweiten Schritt Hände und Arme.
3. Bewege jetzt im dritten Schritt den ganzen Körper.
4. Und jetzt öffnest du im vierten Schritt die Augen. Richte dich langsam, in deinem Tempo auf, komme wieder zurück ins „Hier“ und „Jetzt“.
Progressive Muskelentspannung im Vergleich zu anderen Methoden
Im Unterschied zu Methoden wie dem Autogenen Training, das stark mit inneren Bildern und Suggestion arbeitet, oder der Meditation, bei der Achtsamkeit geübt wird, ist PME eine körperzentrierte Methode. Sie eignet sich besonders für Menschen,
die Schwierigkeiten mit Vorstellungskraft oder inneren Bildern haben,
die eine klare Struktur bevorzugen,
oder die über den Körper leichter Zugang zu innerer Ruhe finden.
Die Progressive Muskelentspannung ist eine einfache, aber hochwirksame Methode zur ganzheitlichen Stressreduktion. Sie wirkt direkt auf das Zusammenspiel von Körper und Psyche und hilft sowohl präventiv als auch unterstützend bei zahlreichen Beschwerden.
Mit etwas Übung lässt sich PME leicht in den Alltag integrieren – sei es morgens zur Vorbereitung auf den Tag oder abends zur Entspannung. Ob im Selbststudium oder im Kurs: Die Wirkung lohnt sich.
Im Internet findest du viele Varianten – und sicher auch die, die zu dir passt. Kurse in PME werden oft von Krankenkassen bezuschusst – erkundige dich gern danach.
Wichtiger Hinweis
Bitte beachte: Die Inhalte dieses Blogs dienen ausschließlich der Information und stellen keine medizinische oder therapeutische Beratung dar. Als Mentaltrainer teile ich hier mein Wissen nach bestem Gewissen, ersetzt jedoch keinesfalls den Besuch bei einem Arzt, Therapeuten oder anderen medizinischen Fachpersonal. Bei Beschwerden oder Fragen zu deiner Gesundheit suche bitte stets professionellen Rat.
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